Gestern (21.5.2012) fand unter Vorsitz des stellv. Vorsitzenden Frank Hofmann (SPD) im Innenausschuss des Bundestages zu den Gesetzesanträgen der Grünen die öffentliche Anhörung der Experten statt. Die Bundestagsfraktion der Grünen hat in zwei Anträgen die Verschärfung des WaffG gefordert.
Die Kernpunkte sind ein Verbot für halbautomatische Langwaffen die ein bestimmtes Aussehen haben. (17/7732)
Zum anderen wird eine Getrenntlagerung von Waffen und Munition außerhalb der Privatwohnung und eine Zentrallagerung für private Schusswaffen gefordert, sowie ein Verbot von großkalibrigen Kurzwaffen. (17/2130)
Geladen waren ursprünglich folgende Experten: Klick (Link entfernt – nicht mehr gültig)
- Sascha Braun (BuVo GdP)
- Martin Bürner (LJV Baden-Württemberg)
- Rainer Hofius (Staatsanwalt bei dem Landgericht Mainz)
- Jürgen Kohlheim (DSB)
- Joachim Streitberger (LJV)
- Lars Winkelsdorf (Journalist)
- Gisela Mayer (Vorstand Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden)
Im Vorfeld wurden dann auch schon die schriftlichen Stellungnahmen der Experten zu den Gesetzesvorschlägen veröffentlicht, mit Ausnahme der von Sascha Braun.
{Edit – Da bestimmte Links nicht mehr verfügbar sind, wurden die Dokumente hier direkt verlinkt}
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Die Stellungnahmen sind lang und ausführlich, daher nur ein paar Zitate:
Kohlheim:
„Darüberhinaus ist die (Wieder)Einführung eines solchen Verbotes [alter §37 – Anscheinswaffen] auch nicht zielführend. Die optische Ähnlichkeit einer Waffe mit einer Kriegswaffe macht die Waffe an sich nicht gefährlicher. […] Ein bloßes Abstellen auf rein subjektive Empfindungen ist jedoch mit rechtsstaatlichen Grundsätzen der Gefahrenabwehr nicht zu vereinbaren. Ein Mehrwert für die öffentliche Sicherheit ist dabei nicht zu erkennen.“
„Eine zentrale Aufbewahrung würde durch eine Ansammlung einer großen Zahl von Waffen und/oder Munition zudem erhebliche Anreize für Kriminelle bieten, sich z.B. durch Einbruch einfach mit Waffen und/oder Munition zu versorgen. Schützenhäuser sind regelmäßig nicht bewohnt und liegen am Ortsrand oder sogar weit außerhalb der Wohnbebauung. Die regelmäßigen Schießtermine sind bekannt; außerhalb dieser Termine steht dann einem Einbrecher genügend Zeit zur Verfügung, um selbst hohe Sicherheitsmaßnahmen zu überwinden. Dies hat die Mordtat von Eislingen traurig belegen können. Die Ansammlung einer Vielzahl von Waffen und ebenso der Vorhalten von zig- Tausend Schuss Munition verschiedener Kaliber würde daher Begehrlichkeiten bei Einbrechern wecken und Waffen sowie Munition in die Illegalität abwandern lassen.“
„Mit dem uneingeschränkten Verbot von Großkaliber-Kurzwaffen würde ein erheblicher Anteil schießsportlicher Disziplinen verboten. […] Das Verbot brächte auch keinen Gewinn für die öffentliche Sicherheit, denn grundsätzlich sind alle Feuerwaffen unabhängig vom Kaliber bei missbräuchlicher Verwendung gefährlich und können tödliche Wirkungen haben. […] Die vielfach so bezeichnete „gefährliche Beretta 9 mm“ ist nicht wegen des mit ihr zu verschießenden Kalibers gefährlich, sondern gefährlich ist der Mensch, der dahinter steht. Und der kann bei missbräuchlichem Einsatz auch mit Waffen anderen Kalibers Unheil anrichten.“
Martin Bürner:
„Der vorgebrachte Antrag ist aus Sicht des Landesjagdverbandes Baden-Württemberg e.V. abzulehnen. Er basiert zum Teil auf unsachlichen und unrealistischen Einschätzungen. Die Vorschläge bringen keine nennenswerten Vorteile für die Stärkung der inneren Sicherheit. Das eigentliche Problem stellen die nicht kontrollierbaren und nicht registrierten illegalen Waffen dar.“
Joachim Streitberger:
„Nicht richtig ist allerdings, dass an die Zuverlässigkeit von Jägern höhere Anforderungen gestellt werden, als an die Zuverlässigkeit von Sportschützen. Die Zuverlässigkeitsvoraussetzungen des § 5 Waffengesetz gelten für Sportschützen und Jäger gleichermaßen.“
Winkelsdorf:
„Aufgehoben wurde diese Verbotsnorm 2003 [§37 WaffG Anscheinswaffe], ausdrücklich unter Mitwirkung der in Regierungsverantwortung befindlichen Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, gleich aus mehreren Gründen:
- Zur Vereinheitlichung der Waffengesetze in Europa,
- zur Beseitigung von Hemmnissen für den Schießsport,
- zur Erleichterung des Waffengesetzvollzugs in der Bundesrepublik sowie
- aufgrund der geringen Deliktsrelevanz solcher Waffen.“
Hofius:
„Das Ziel des Gesetzentwurfes ist faktisch die Wiedereinführung von Teilen des im Zuge des Waffenrechtsneuregelungsgesetzes 2002 abgeschafften § 37 WaffG-1977. Die damalige rot-güne Bundesregierung hat seinerzeit zweifellos bewusst eine nicht praktikable und für die öffentliche Sicherheit bedeutungslose Norm abgeschafft.“
„Zu den immer wieder aufgestellten Behauptungen über die besondere Gefährlichkeit von sog. Großkaliberkurzwaffen gehören nunmehr offenbar auch Legenden über die ballistischen Fähigkeiten der zu den Schusswaffen passenden Munition. Der Begriff „Cop-Killer“-Munition gehört nach Hollywood, dort wurde solche Munition in dem Film „Lethal Weapon 3″ mit Mel Gibson und Danny Glover eingesetzt und dem Zuschauer insoweit Science-Fiction präsentiert.“
Bei der Anhörung gestern dann aber war Frau Mayer (AAW) nicht mehr auf der Internetseite des Bundestages als geladene Expertin aufgelistet und sie trat auch nicht auf.
Über die Hintergründe dazu ist (noch) nichts bekannt.
Da ihre Stellungnahme aber als einzige die Anträge der Grünen vollumfänglich unterstützt, kann angenommen werden das, um die Reputation des Bündnisses zu schützen, auf einer öffentlichen Anhörung verzichtet wurde.
Die Anhörung verlief, mit Hinblick auf die vorab veröffentlichten Stellungnahmen, wie erwartet.
Die Anträge der Grünen wurden von den Experten förmlich in der Luft zerrissen!