Gestern Abend gab es in meinem Schützenheim eine Interessante Debatte zu einer Idee, die den Erwerb und Besitz von Schusswaffen für Sportschützen betrifft.
Die Idee sah wie folgt aus:
Jeder Sportschütze bekommt bei der Erstbeantragung einer waffenrechtlichen Erlaubnis, die eine komplette Durchleuchtung erfordert und die ihm zum Erwerb und Besitz von erlaubnispflichtigen Schusswaffen berechtigen wird, nicht mehr eine Waffenbesitzkarte (WBK) im herkömmlichen Sinne ausgestellt. Angedacht ist hier eine WBK im Scheckkartenformat mit RFID-Chip, ähnlich dem neuen Personalausweis mit RFID und gespeichertem Fingerabdruck.
Hierbei erhält der Sportschütze bei der Erteilung dieser Scheckkarten-WBK ein Kontingent von 10 (!) erlaubnispflichtigen Schusswaffen.
Nein – ich bin nicht verrückt.
Jeder halbwegs engagierte Sportschütze überschreitet sein Grundkontingent irgendwann, also warum nicht gleich ein höheres Kontingent zugestehen?
Zusätzlich ist dieses Kontingent nicht unterteilt.
Jeder Sportschütze kann sich sein Kontingent zusammenstellen, wie er möchte. Ist er ein Fan von Kurzwaffendisziplinen, so kann er sich 10 Kurzwaffen in den Tresor legen. Sind seine britischen Gene dominant, dann stellt er sich 10 Flinten in den Schrank. Jedem Sportschützen steht es innerhalb dieses Kontingentes frei jeden beliebigen Typ an erlaubnispflichtigen Schusswaffen zu erwerben.
Hinzu kommt folgendes (und jetzt wird Jeder denken, dass ich vollkommen bekloppt bin), der Sportschütze muss nicht mehr jede einzelne Schusswaffe separat bei der Behörde beantragen oder eine Erwerbsanzeige schreiben.
Der Sportschütze geht zum Waffenhändler seines Vertrauens, legt seine neue digitale WBK vor, der Händler schaut ins Nationale Waffenregister (NWR) und überprüft den Status seines Kontingentes, trägt die neue Waffe dort für den Sportschützen ein (gleichzeitig bei sich aus seinem elektronischen Waffenbuch aus) und fertig ist der Vorgang.
Die zuständigen Waffenbehörden bekommen aus dem NWR eine Meldung über den Erwerb einer Schusswaffe, der Papierkram entfällt (Stichwort: Digitalisierung der Verwaltung).
Verkäufe von Schusswaffen unter Privatleuten im herkömmlichen Sinn entfällt damit aber. Der Sportschütze hat keine Berechtigung seine Daten im NWR zu ändern. Hier muss der Waffenhändler, der im Besitz einer Waffenhandelslizenz ist, die Ein- bzw. Austragung aus den jeweiligen Stammregistern der Sportschützen vornehmen. Oder ein Broker übernimmt diesen Job. Das ist durch eine entsprechende Gesetzesänderung jederzeit möglich, da die EU-Feuerwaffenrichtlinie den Handel von Schusswaffen über einen Broker ermöglicht.
Aber einen Haken muss das ganze haben:
Hat der Sportschütze jetzt sein Kontingent voll ausgeschöpft aber gefallen an einer neuen Schießsportdisziplin gefunden, oder er bekommt eine besondere Schusswaffe zu einem guten Preis angeboten, oder, oder, oder…, dann muss er erst eine andere erlaubnispflichtige Schusswaffe aus seinem Kontingent abstoßen.
Eine Überschreitung dieses Kontingents wird es mit dieser Regelung nicht mehr geben.
Fassen wir also die Idee noch mal zusammen:
- Jeder Sportschütze erhält eine neue digitale WBK
- Sportschützen haben ein frei wählbares Kontingent von 10 erlaubnispflichtigen Schusswaffen, das nicht überschritten werden kann.
- Ein- bzw. Austragungen von Schusswaffen in das Stammregister des Sportschützen übernimmt der lizensierte Waffenhändler bzw. Broker.
- Die Beantragung jeder einzelnen Schusswaffe entfällt.
Der Hintergrund dieser Idee ist folgender:
Wer schon mal eine waffenrechtliche Erlaubnis beantragt hat, der weiß, wie lange zurzeit die Behörden für die Bearbeitung brauchen. Ich bin z.B. auch gerade davon betroffen. Zwei WBK’s von mir liegen seit Nov. 2023 bei meiner zuständigen Waffenbehörde zwecks Umtragung von Schusswaffen, die ich schon länger in meinem Besitz habe. (Zwei Schusswaffen sollen vom Bedürfnis Schießsport für die Jagd ungeschrieben werden.)
Und das ist kein Einzelfall. Wartezeiten von sechs Monaten für die Ausstellung einer WBK bzw. die Eintragung eines Waffenerwerbs in eine bestehende WBK sind mittlerweile der Normalfall geworden. Das würde mit der angedachten Regelung vollkommen entfallen.
Außerdem würde eine Aufstockung des Grundkontingent auf 10 Schusswaffen noch einen zusätzlichen Effekt haben.
Der Gesetzgeber gesteht aktuell jedem Sportschützen ein Grundkontingent von drei Lang- und zwei Kurzwaffen zu, ohne dass dies einer weiteren besonderen Erlaubnis bedarf. Gleichwohl muss der Sportschütze für jede dieser Schusswaffen zunächst einmalig ein Bedürfnis beibringen und den Erwerb vorher beantragen (mit den bereits oben erwähnten Wartezeiten). Für den Fortbestand der Besitzerlaubnis bedarf es für diese Schusswaffen ebenfalls keine weiteren besonderen Nachweise.
Will der Sportschütze jetzt aber das Grundkontingent überschreiten, dann muss er der Behörde gegenüber glaubhaft machen, dass seine bisher besessenen Schusswaffen für die gedachte Sportdisziplin nicht geeignet sind. In der Regel bescheinigt das der Scheißsportverband und die Behörde genehmigt nach einer Überprüfung den Antrag.
Die Crux jetzt aber ist, dass für den Fortbestand der Besitzerlaubnis jeder einzelnen Schusswaffe, die über das Grundkontingent hinaus geht, die Waffenbehörde regelmäßig prüft, ob dieses erweiterte Bedürfnis weiterhin bestand hat.
Dieser ganze bürokratische Aufwand würde mit einem frei zusammenstellbaren Kontingent von 10 Schusswaffen komplett entfallen.
Und warum sollen die lizensierten Waffenhändler bzw. Broker die Ein- bzw. Austragungen von Schusswaffen vornehmen?
Mit der Ausbaustufe II des Nationalen Waffenregister (NWR) vom 01.09.2020 sind auch Waffenhersteller bzw. Händler an das Meldesystem des elektronischem Waffenregister angeschlossen und melden dort auf elektronischem Wege sämtliche Zu- und Abgänge ihrer Bestände der erlaubnispflichtigen Schusswaffen. Warum also bei der Austragung einer Schusswaffe aus dem elektronischen Waffenbuch des Händlers diese nicht gleich in das Stammregister des Sportschützen eintragen? Um Missbrauch vorzubeugen, benötigt man hierzu die Scheckkarten-WBK mit RFID-Chip. Eine Eintragung kann demnach nur in Verbindung mit einer digital lesbaren WBK vor Ort erfolgen.
Was sind also die Vor- bzw. Nachteile dieser Idee?
Vorteil:
- Entfall der einzelnen Beantragung einer Erwerbs- und Besitzerlaubnis für Schusswaffen.
- Entfall der Nachweispflicht und erweiterten Überprüfung bei der Beantragung für erlaubnispflichtige Schusswaffen, die über das aktuelle Grundkontingent hinaus gehen
- Entfall der regelmäßigen verpflichtenden Überprüfung über den Fortbestand jeder einzelnen Besitzerlaubnis für Schusswaffen über dem Grundkontingent.
- Unbürokratische Ein- bzw. Austragung von Schusswaffen in das Stammregister des Sportschützen.
- Entlastung der Waffenbehörden.
- Freie Kapazitäten für eine bessere Kontrolle der Waffenaufbewahrung.
- Eine gründlichere Überprüfung von Inhabern einer WBK, wenn den Sachbearbeitern Hinweise bekannt werden, die einen widerruf der Erlaubniss rechtfertigen könnten.
Nachteile:
- Keine Möglichkeit des Sportschützen sein Kontingent zu überschreiten
- Kein direkter Verkauf von erlaubnispflichtigen Schusswaffen zwischen Privatpersonen
- Kauf und Verkauf von erlaubnispflichtigen Schusswaffen nur noch persönlich. (Kann auch als Vorteil gesehen werden, da die Identität des Käufers direkt geprüft wird)